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Bazooka à la Scholz – wie geht das eigentlich?

Im Verlauf meiner Banklehre in den 80ern bei der Dresdner Bank habe ich gelernt, dass es verschiedene Etagen im Börsengeschäft gab, die für ganz unterschiedliche Aspekte zuständig waren. Die jungen Analysten bekamen schon zum Frühstück eingetrichtert, dass es darauf ankomme, langfristig zu denken. Die Händler könnten das nicht – drei Stunden seien da ja schon langfristig.

Bei einer Ausstandsfeier zweier Sekretärinnen lernte ich dann noch eine dritte Abteilung kennen: das Settlement. Einige Händler hatten wieder in irgendwelchen australischen Goldminen gehandelt, pro Stück 10 Cent verdient, aber ein Vielfaches an Kosten bei der Abwicklung produziert, sodass der scheinbar tolle Deal aus Sicht der Bank ein totales Minusgeschäft war.

Der Chef des Settlement sagte dazu nur lapidar: „Die Großmutter nach Hongkong verkaufen kann jeder. Liefern müssen Sie. Liefern.“

Womit wir beim Thema sind. Von Bazookas reden ist das eine. Liefern ist das andere. Aber: Worin besteht das Problem?

Maintower, eine Lokalsendung des Hessischen Rundfunks, hatte heute die Probleme der Unternehmer in Frankfurt mit dem Coronavirus zum Thema. Ein Taxifahrer, ein Eventveranstalter und ein Gastronom.

Bei Umsatzrückgängen im Eventbereich von 98 % und in der Gastronomie sowie im Taxigewerbe von 80 % ist klar: Die Bezahlung der Gehälter Ende März ist für die meisten dieser kleinen und mittelgroßen Unternehmen eine gigantische Hürde.

Kurzarbeitergeld wird teilweise helfen. Aber wenn Sie als Unternehmer mit Ihren laufenden Zahlungen an das Finanzamt nicht im Verzug sind, dann ist die Liquidität extrem knapp und Steuerstundungen werden nicht ausreichen, um die Löhne zum Monatsende zu bezahlen.

Altmeier und Scholz erklärten in Berlin lapidar, dass die KfW die Gelder bereitstellt. Angesichts des heutigen Datums ist klar, dass die Zeit bis Monatsende nicht einmal dazu ausreicht, Formulare zu entwickeln. Geschweige denn, diese auf Richtigkeit zu überprüfen.

Die Summen, um die es geht, sind bei vielen der Unternehmer nicht so klein. Thomas Klüber erklärte in der Sendung, dass er 160 Mitarbeiter beschäftige. Er werde keinem kündigen, aber stehe vor dem Problem, was er seinem Team sagen solle, wenn der Staat nicht umgehend kläre, wie ihm und den Tausenden anderen Unternehmern allein in Frankfurt direkt geholfen würde.

Warum die Zeit so drängt?
Die Politik hat entschieden, das gesellschaftliche Leben einzufrieren. Direkter Effekt ist, dass viele Unternehmen damit konfrontiert sind, dass ihre Umsätze über Nacht auf Null gefallen sind. Der Spielraum zur Bezahlung von Löhnen und Gehältern ist innerhalb von Tagen völlig weg.

Als Geschäftsführer einer GmbH werden Sie bei drohender Illiquidität die Löhne nicht zum Monatsende auszahlen. Der Grund ist einfach: Wenn zwischen dem Termin der Lohnzahlung und dem Termin der Abführung der Sozialabgaben die GmbH Konkurs geht und der Staat seine Sozialabgaben nicht bekommt, haftet der Geschäftsführer für die Sozialabgaben ganz persönlich mit seinem Privatvermögen. Die Haftungsbegrenzung der GmbH schützt ihn nicht.

Deshalb werden in kritischen Liquditätssituationen Gehälter zeitgleich mit den Sozialabgaben bezahlt, die erst im Folgemonat fällig werden.

Der Sprengstoff ist klar: Ein Großteil der Arbeitnehmer wird bei ausfallender monatlicher Zahlung des Arbeitgebers nicht in der Lage sein, die monatliche Miete zu bezahlen. Stellen Sie sich nur mal eine Sekunde vor, dass 50 % der Wohnungsvermieter Anfang April die erwartete Mietzahlung nicht erhalten. Das nenne ich mal ganz einfach Super-GAU.

Es muss kein Wunder geschehen, damit das abgewendet wird, aber die Administration muss deutlich schneller agieren als bisher. Wenn da tagelang lamentiert wird, knallt es richtig. Und dass die Rathäuser ohne Großdemos durch die Nummer durchkommen, ist auch bei Erlass von Ausgangssperren unwahrscheinlich.

Beitragsbild: Lizenzfreies Stockfoto, Nummer Shutterstock: 1552965392
Brüssel, Belgien, 7. November 2019. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz nimmt an einem Euro-Gruppe-Treffen der europäischen Finanzminister von Alexandros Michailidis teil.


Georg Oehm

Unternehmer mit Faible für Hosenträger & Shorts (als Kleidungsstücke und Investments) der an die persönliche Entwicklung von Menschen & an korrekte und engagierte Arbeit zur erfolgreichen Lösung von Problemen & Organisation von Projekten glaubt. Fokussiert auf Verhandlungen und Investitionen - immer mit Blick auf das Endergebnis.