Leveraged Loans und die neuen Schattenbanken

30. NOVEMBER 2019/NY TIMES BESTSELLERAUTOR LAWRENCE MCDONALD
Breaking News: *New York DIE 42-TÄGIGE RÜCKKAUFVEREINBARUNG DER FEDERAL RESERVE ÜBERZEICHNET; USD 42,55 Milliarden IN ANGEBOTEN – Bloomberg, 2. Dezember 2019
USD 42 Milliarden?!
Frage: Wen finanziert die Fed hier? Leveraged Loans? Globale Hedgefonds?
Antwort: Die Fed finanziert Leveraged Loans – warum auch nicht? Besser jetzt ordentlich den Boden wässern als hinterher versuchen, das Feuer zu löschen (Kreditfonds).
Ausblick
Unser „21 Lehman Systemic Risk Indicator Index (LSRII)“ wurde 2007 entwickelt. Das System verfolgt in erster Linie den Contagion-Effekt und bietet dabei sowohl gute als auch schlechte Signale hinsichtlich der Effektivität mit einem wichtigen Befund. Es ist wie mit einem zuverlässignr Caddie beim Golf, der auch umso besser wird, je länger man mit ihm zusammen ist. Ein Gruppe von Revolutionären versuchte, den Wahnsinn bei der dem Untergang geweihten Bank aufzuhalten; doch wurden diese eine nach dem anderen mundtot gemacht. Im Folgenden untersuchen wir die legendären Lektionen und wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen.
Der Ausguck

Wir wissen: Elefanten hinterlassen Fußabdrücke. Wenn ein Hedgefonds-Manager wie David Tepper von seinem Ausguck seinen Blick über die ruhige See der Märkte gleiten lässt und hinsichtlich Risiko etwas Bedeutendes erblickt, steckt er als Erstes 0,25 % aus der GuV in den billigsten Schutz des relativen Werts. Wenn sich dann David Einhorn und Seth Klarmans Head of Trading dazutun, merkt man das recht leicht. Anhand nur des Beispiels dieser drei erfahrenen Investoren haben wir natürlich keine Ahnung, welche Hedgefonds Fußspuren hinterlassen.
Unser globaler Bloomberg-Kunden-Chat
Bei unserem täglichen Austausch mit mehr als 300 institutionellen Investoren weltweit bietet unser Live-Bloomberg-Kunden-Chat im Verlauf des Jahres Hinweise. Gelegentlich erfahren wir von einem großen „Fußabdruck“ in HY CDX, S&P Futures, Forex vol futures, Eurodollar Futures usw. Wir versuchen, die Thesaurierung von Hedges zu messen. Je größer, desto übergreifender das Risiko.
Bei Lehman musste das Team versuchen, die ca. USD 6 Milliarden an Leveraged Loans abzusichern, die die Bank am Hals hatte. Die ursprüngliche Idee entstammt also dieser schmerzlichen Erfahrung.
Über die Jahre wurden die Index-Gewichtungen verhältnismäßig zu den Regionen der Welt, in denen Risiko am gehäuftesten auftritt, abgeändert. Im Jahr 2011 war Kreditausfalltausch für Banken in der Eurozone (Belastung mit den griechischen Schulden) der führende Risiko-Indikator für US-Aktien, sehr ähnlich wie es US-Banken 2007/2008 waren.
Heute ist der Index wesentlich mehr auf Asien fokussiert. Kreditausfalltausch bei italienischen Banken ist auch nach wie vor ein recht hoher politischer Risiko-Indikator nach Salvini. Insbesondere aber wollen wir darauf hinweisen, dass wir den Schwerpunkt wieder zurück auf die USA verlagern.
Ertragsstarke Zinsen in den USA, Leveraged Loans und CLOs (Collateralized Loan Obligations) liegen bei knapp USD 3,2 Billionen. Rechnet man die USD 2,6 Billionen in Anleihen mit BBB-Rating hinzu, kommt man auf knapp USD 6 Billionen in Risikoaktiva. In der Welt des Quantitative Tightening hat die Fed naiv die Gans verbraten. Zu viele Dollar wurden aus dem Verkehr gezogen und die FCIs viel schneller verschärft, als der Fed zu der Zeit bewusst war (Q4/2018). Die Bestie im Markt brach die Fed buchstäblich übers Knie wie Kleinholz, das in den Kamin geworfen wird. Es war eine wunderbare Kapitulation.
Wir MÜSSEN uns vor Augen halten – während des Flammabrisses beim Kreditzyklus 2000-2002 sickerten über 45 % des anlagefähigen Universums in den Bereich hochverzinslicher Anleihen. Heute entspricht das USD 1,2 Billionen „gefallener Engel“ (verglichen mit USD 195 Milliarden in den Jahren 2000–2002) – eine Flut von Schrott fast unvorstellbarer Ausmaße. Es ist kein Wunder, dass die Fed auf so peinliche Art und Weise klein beigab: Schließlich war ein großes Gewehr auf ihr Erbe (ihren Kopf) gerichtet.
Zwar hat die Fed mittlerweile einen Löschschlauch in Form von Quantitative Easing eingesetzt (Laufzeit-Repos + USD 60 Milliarden/Millionen in Schatzwechseln), aber wenn der Neubewertungsprozess von beispielsweise USD 150 Milliarden (um die 20 idiosynkratische Ereignisse) an hochverzinslichen Anleihen, CLOs, Krediten und wertloser Investment-Grade-Anleihen schnell fällt, so ist die Fähigkeit der Banken/Hedgefonds, diese Vermögenswerte zu halten, sehr unsicher und nicht erprobt. Dabei spielt es keine Rolle, ob USD 5,5 Billionen des Risikopools richtig liegen: Gegen Jahresende müssen alle ein paar Karten auf den Tisch legen.
Kreditrisiko der USA steigt
Aus unserer Sicht sind Leveraged Loan Fonds und ETFs die neuen Schattenbanken. Die Zahlungsrückstände in dieser dunklen Ecke der Wall Street ist auf mittlerweile knapp USD 1,5 Billionen angestiegen. Collaterized Loan Obligations sind mit etwa 50 % die größten Käufer, Leveraged-Loan-Investmentfonds und ETFs sind mit einer Nachfrage von um die 30 % die zweitgrößten Käufer. Über die Jahre haben wir gelernt, dass es über die Märkte hinweg einen Wasserfall-Effekt gibt. Eine Stress-Situation führt oftmals recht schnell zu zwei oder drei weiteren Stress-Situationen. Ein Contagion-Effekt solcher Krisen durch Kredite MUSS sehr genau beobachtet werden, insbesondere wenn sich die Federal Reserve entgegenkommend zeigt. Warum nimmt der Stress nach drei Zinssenkungen und einer Bilanzstornierung in Höhe von USD 400 Milliarden von der Verkürzung bis zur Erweiterung zu? Betrachten wir die Details.
Eine Federal Reserve, Leverage über Leverage über Leverage

Wie oben dargestellt, sind die Schulden im Vergleich zu EBITDA-Multiplikator > 5x bei der Ausgabe dramatisch gestiegen. Es ist ganz klar: Je länger die Federal Reserve ein Funktionieren des Wirtschaftszyklus – und damit auch die Beseitigung schlechter Akteure – verhindert, baut sich der Leverage-Effekt immer weiter auf. Wenn wir einmal 2019 im Vergleich zu 2007 betrachten, so schreit das für Herrn Powell förmlich nach moralischem Risiko. Schulden-Multiplikatoren < 4x bilden nur 10 % des Kreditverkaufsvolumens verglichen mit knapp 30 % im Jahr 2007.
Die Liquiditätsinkongruenz
Unser Freund Rod Dubitsky betont, dass Leveraged-Loan-Fonds zwar tägliche Liquidität versprechen, doch ist der zugrundeliegende Vermögenswert recht illiquide und die für den Verkauf benötigte Zeit kann recht lange sein. Die Rückzahlung von Leveraged Loans kann bis zu 21 Tage in Anspruch nehmen. Und während Fonds verpflichtet sind, Rücknahmeanträge innerhalb von sieben Tagen zu erfüllen, wird in der Praxis Liquidität in ein oder zwei Tagen erwartet. Innovation in Finanzprodukten und ETFs hat aus unserer Sicht Anreize für das Unhaltbare geschaffen. Wie können ETFs und Investmentfonds realistisch Liquidität für Finanzinstrumente bieten, die grundsätzlich illiquide sind?
Liquiditätsdeckung im US-amerikanischen Kreditmarkt nimmt ab

Aus unserer Sicht haben wir eine klare Liquiditätsinkongruenz wie Mitte der 2000er Jahre.
Ein Lehman Visionär
Es war ein Morgen im Juni 2005 – einer, den wir nie vergessen werden. Michael Gelband, ein Mitglied der Geschäftsführung und Head of Global Fixed Income bei Lehman Brothers hielt eine Präsentation für unser Börsenhändler-Team zur Schattenseite des Immobilienmarktes. Das Meeting begann um kurz nach 6:45 Uhr. Jeder Teilnehmer erhielt ein etwa dreißigseitiges Dossier.
In unserem weltweiten (mittlerweile in zwölf Sprachen veröffentlichten) Bestseller von 2009 – „A Colossal Failure of Common Sense“ – beschreibt Gelband in einer epischen Szene die erstaunliche Ausbreitung von „No-Doc-Darlehen“ [Darlehen, die gewährt wurden ohne Nachweise zur Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers] und andere toxische Kredite, die von provisionsgierigen Vertreibern verkauft und dann von Lehman und anderen Wall-Street-Banken gekauft wurden.
Steve Jobs sagte einmal über Einstein: „Das Talent gleicht dem Schützen, der ein Ziel trifft, welches die übrigen nicht erreichen können; das Genie dem, der eins trifft, bis zu welchem sie nicht einmal zu sehen vermögen.“ Als echter Visionär konnte Mike die unabwendbare Katastrophe aus einer Meile Entfernung sehen.
„Er nannte die Schattenbanken, die großen, komplexen Netzwerke von Hypothekenmaklern, die eigentlich gar keine Banken waren, sondern es irgendwie geschafft hatten, sich in den Darlehensvergabeprozess einzuschleichen. Sie vermittelten eine Riesenanzahl an Hypotheken und mussten sich das Geld dafür selbst leihen. Er nannte Gruppen wie Countrywide, New Century, HBOS, NovaStar und andere und beschuldigte diese, weit über USD 1 Billion an wirtschaftlicher Aktivität zu schaffen, die ganz und gar falsches Geld darstellte und nie in echte wirtschaftliche Stärke umgewandelt würde.“
Gelband prognostizierte, dass das Kartenhaus schon bald zusammenstürzen könnte – mit ernsten Folgen für die amerikanische Wirtschaft. Auch nach dem Meeting kam Gelband immer wieder auf das Thema zurück. Mit seiner Position im Vorstand versuchte er das Unternehmen zu überzeugen, seine massiven Wetten auf den Immobilienmarkt zurückzuziehen. Die Warnungen von Gelband und anderen mit ähnlichen Bedenken wurde jedoch von der Geschäftsleitung von Lehman Brothers weitgehend ignoriert.
Wir DÜRFEN die derzeitigen Signale vom Leverage-Loan-Markt NICHT ignorieren – sie schreien laut und klar.
Sind Geldmittel bereitgestellt, um einem ernsten Liquiditätsproblem in einem unruhigen Umfeld zu begegnen? Wir sehen das so wie Rod: „No way, Jose!“ Zwar gab es einen Anstieg in Rücknahmen (steigende Anzahl an Personen, die ihr Geld wieder wollen) selbst im letzten Jahr, doch waren diese recht kurz, flach und ergaben sich während relativ stabiler Zeiten in der Wirtschaft.
Der Löschschlauch der Fed

In den letzten Jahren kam die Fed viele Male zur Rettung. Zuerst, als die Zinserhöhung trotz der Ankündigung weiterer Anstiege beendet wurde, dann mit einem schnellen Wechsel zu Zinssenkungen und schließlich Kapitulation bei der beliebten Bilanzverkürzungsplanung (von USD 2,5 Billionen in angekündigten Senkungen hin zu einer Bilanzausweitung um USD 400 Milliarden). Zwar gab es einen Run auf Leverage-Loan-Fonds, doch löschte die Fed das Feuer jedes Mal mit einer Umkehr hin zu wesentlich mehr Entgegenkommen. Aber auch mit all der Zuneigung von der Fed verschwindet der Stress NICHT.
Trotz drei Zinssenkungen: ein Abwärtstrend

Wir glauben, dass der Markt das Liquiditätsrisiko unterschätzt für den Fall, dass ihm ein echter, anhaltender Abwind bevorsteht. 2019 liegen Zahlungsausfälle im Leveraged-Loan-Bereich der USA nahezu bei USD 30 Milliarden. Im Oktober und November liegen die Zahlungsausfälle bei knapp USD 10 Milliarden, also fast 40 % des Gesamtbetrages vom vergangenen Jahr in NUR zwei Monaten.
Die Fitch-Problemkredite des Concern Index
November: USD 112 Milliarden/8 % des Marktes
Juli: USD 71 Milliarden/5 % des Marktes
Januar: USD 71 Milliarden/5 % des Marktes
*Fitch-Daten zu Leveraged Loans, Zahlungsausfälle steigen auf den höchsten Stand in zwei Jahren, laut Prognose zum Jahresende 2020 liegt die Zahlungsausfallquote für Einzelhandel und Energie jeweils bei 8 % und 13 %. Ein Fünfjähriger kann Ihnen sagen, dass in jedem Ausfallzyklus die Ratingagenturen die letzten sind, die den Witz verstehen. In den letzten 70 Jahren sind Kreditzyklen übersät mit peinlichen Momenten, in denen die Ratingagenturen versuchen, die Ausfälle aufzuholen. Deshalb kann man davon ausgehen, dass wenn der Problemkreditkorb von Fitch mit USD 112 Milliarden gefüllt ist, die Zahl in Wirklichkeit höher liegt.
Kasse im Vergleich zu „B“-Anteilen niedriger Qualität
Zur Einschätzung des Risikos von Rückzahlungsausfällen betrachteten wir zwei wichtige Maßstäbe für die Top Ten der Leveraged-Loan-Fonds. Achten Sie insbesondere auf den Prozentsatz von Anteilen mit B-Ratings sowie die unten stehenden Vermögenswerte und den Prozentsatz an Kasse im Fonds (Kasse steht hierbei stellvertretend für die Fähigkeit, einer Zunahme von Ausfällen zu begegnen).
Houdini-Liquidität: sichtbar in einem Augenblick, unsichtbar im nächsten

Wie in der Grafik oben dargestellt, haben die meisten Fonds mehr als 60 % in Vermögenswerten mit B- und niedrigeren Ratings investiert, aber haben in der Regel Kassenpositionen von im Schnitt nur 5 %. Ein Fonds verfügte über nur 0,32 % Kassenbestand und hatte dennoch Vermögenswerte mit B-Rating und darunter von über 70 %. In einem andauernden Ausverkauf würde sich ein Kassenbestand von 5 % angesichts der reduzierten allgemeinen Liquidität des Marktes vermutlich als sehr unzureichend erweisen. Die Settlement-Dauer würde sich verlängern und Rückzahlungen steigen. Bei einem starken Abschwung ist es wahrscheinlich, dass ein signifikanter Prozentsatz von Krediten auf ein CCC-Rating herabgestuft würde. Der Verkauf würde damit wesentlich erschwert während die Kurse zusammenbrechen.
Kassenfehlbestand – Folgen
Zwar ergänzen manche Fonds Kassenliquidität mit Zugriff auf einen bestehenden Kredit und Anteile von liquideren Anleihen; jedoch ist auch hier nicht sicher, ob diese ausreichend wären. Bestehende Kredite sind womöglich bei Bedarf nicht verfügbar und selbst wenn sie in Anspruch genommen würden, könnte daraus eine vorrangige Forderung auf die übrigen Vermögenswerte entstehen. Dadurch würde das Risiko für die im Fonds verbleibenden Vermögenswerte vergrößert.
Kredit führt Aktien

Der Blackstone GSO Kreditfonds ist voller Leveraged Loans von niedrigerer Qualität (B-Rating). Interessant: Kredite mit B-Ratings stehen mit auf neue Höchststände schießenden Aktien und zunehmenden Herabstufungen unter bedeutendem Verkaufsdruck. Was wird bei einer Abschwächung des Kredits in diesem Tempo und einer US-Wirtschaft mit extrem niedriger Arbeitslosenquote passieren, wenn Stressfaktoren zunehmen?
Das Rückzahlungsrisiko ist keine Theorie
Sowohl während der Finanzkrise als auch in jüngerer Zeit mussten Fonds immer wieder Rückzahlungen aufgrund von mangelnder Liquidierbarkeit ihrer Vermögenswerte einfrieren (zuletzt die Neil Woodford Fonds im Vereinigten Königreich). Im Jahr 2015 brach der Third Avenue Focused Leveraged-Loan-Fonds unter einer Flut von Rückzahlungen zusammen.
Zu guter Letzt würde eine Welle von eingefrorenen Rückzahlungen wahrscheinlich in den gesamten Leveraged-Loan-Märkten einschließlich der CLOs nachklingen. Die Märkte wären mit wesentlich mehr Schwierigkeiten, die leidenden Kredite zu handeln, konfrontiert und würden sich schlechter erholen.
Rod Dubitsky verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung im Finanzdienstleistungs- und Global-Development-Sektor. Er ist der Gründer von The People‘s Economist (TPE). Er verbracht den Großteil seiner Laufbahn im Finanzdienstleistungsbereich bei Ratingagenturen, Wall-Street-Händlern, Banken und Money Managern. In seinen Positionen leitete er eine Reihe von marktführenden, preisgekrönten Forschungsprojekten und entwickelte analytische Plattformen. Er wird häufig in den Medien zitiert, darunter Time Magazine, Forbes, NY Times, WSJ, FT und Bloomberg. Während seiner Tätigkeit im Finanzsektor galt er als Topanalyst bei Credit Suisse im Bereich Verbraucherfinanzdienstleistungen/ABS (forderungsbesicherte Wertpapiere). Bei PIMCO führte er die neu gegründete Advisory-Analytics-Abteilung und verantwortete einige der größten Beratungsaufträge im Rahmen der Rettungsaktionen nach der Finanzkrise.
