Lieber Robert Halver, wir glauben nicht an die Allmacht der Notenbanken. Deshalb ist eine kluge Vorbereitung auf „Puff, Peng, Paff“ geboten.

Börsenexperte Robert Halver erwartet, dass die Notenbanken das Platzen der Finanzblasen verhindern. Wir sind da nicht so sicher. Die Volajungs aus der Computerküche haben den Märkten letzte Woche mal kurz vor Augen geführt, wie es so gehen kann, wenn das, was nicht sein darf, eben doch passiert. Es war „Flash-Crash“-mäßig schnell vorbei, aber ausgestanden ist der Vola-Kryptocrash möglicherweise noch nicht.

Risiken

I. Ölpreis und US-Steuerreform

Fragt man Volkswirte, wie es sich auf ihr Makro-Szenario auswirken würde, wenn der Ölpreis bei US$ 100  und der Euro-Dollar-Kurs bei 1,40 lägen, dann kann man hören, dass dies als Horrorszenario für die Notenbanken einzustufen sei. Stagflation, der Horror der 1970er Jahre, ist das Stichwort. Für Notenbanken ist sie nicht besser als Deflation, das andere, schwer zu beherrschende Phänomen.

Ob die Saudis ihren Aramco-IPO bei 80 oder 120 US$ durchziehen, kann niemand wissen. Auch der Euro hat sich nach den Untergangsprognosen vor einem Jahr gänzlich anders entwickelt als von vielen erwartet. Auch hier kann heute nur schlecht beantwortet werden, ob der Anstieg des Euros sich auch über 1,30 hinweg fortsetzt, oder der bisherige Anstieg erst einmal in Ruhe konsolidiert wird und der Dollar in Richtung EUR 1,15 läuft.

Für das Risikomanagement ist das allerdings nur von eingeschränkter Bedeutung. Wenn die Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone, insbesondere bei den Südländern, nach dem Amtsende des Italieners Draghi in Gefahr gerät, dürfte dies nicht ohne Auswirkungen auf die volkswirtschaftliche Situation bleiben. Die Szenarien auf der Basis „Weidmann EZB-Präsident“ spielen die Shorties in New York bereits öffentlich durch.

Das ist alles so sicher wie „könnte, hätte, Fahrradkette“. Aber dass die steigende Staatsverschuldung der USA durch Steuerreform und Infrastrukturprogramm (Trump wird entgegen den Erwartungen auch das vielleicht durchbekommen) ohne Auswirkungen auf Zinsniveau und Dollarkurs bleiben wird, scheint zumindest unwahrscheinlich. Die USA nehmen 1.000 Milliarden US$ neue Schulden auf, und bei den in der Vergangenheit größten Käufern China und Fed ist nicht davon auszugehen, dass diese den Brocken einfach absorbieren. Einen Teil vielleicht, wenn sie dazu gedrängt werden, aber wohl kaum alles, denn eigentlich wollen sie nichts davon.

Dass es nach Verabschiedung der US-Steuerreform zu einer Kurskorrektur am Aktienmarkt kommen könnte, wurde bereits vielfach vorhergesagt. „Sell on good news“. Die „bad News“- US-Verschuldung für den Anleihemarkt spielte bei diesem Konzert dann allerdings ungebeten mit.

II. Kryptowährungen und Vola

Bitcoin & Co. implodieren gerade, und die Vola explodiert. Dass Goldman Sachs Ende letzten Jahres erwogen hat, einen Trading Desk für Bitcoin offiziell zu etablieren, bedeutet, es sind derart viele Kunden involviert, dass sich der Aufwand lohnt. Und im Silicon Valley ist es ein offenes Geheimnis, dass sich nach Uber, Square & Co. alle Player auf den Kryptobereich gestürzt haben. Von Subprime haben wir ja auch lange gehört, dies sei ein kleines Segment und die Auswirkungen möglicher Probleme seien begrenzt.

Ein Asset kracht im Wert – Bitcoin – das Kartenhaus ist weniger stabil als zuvor. Ob der neue Fed-Chef Jerome Powell die Säulen der Finanzwelt so gut hält wie Atlas in der griechischen Mythologie bleibt abzuwarten. Hoffen wir einfach, dass ihm mehr Glück beschieden ist als seinem Namensvetter Colin Powell, der vor dem Sicherheitsrat erklärte, welche Massenvernichtungswaffen der Irak besitzt und dessen Name heute bei Wikipedia nur im Zusammenhang mit der „Irak-Lüge“ auftaucht.

Unangenehm wird es dadurch, dass nicht nur Krypto gerade kracht. Das derzeit zweite Top-Thema heißt schlicht „Vola“. Können Sie sich noch an die Geldmarktfonds mit Yield-Pick-up erinnern? Da wurden den Geldmarktfonds Subprimepapiere beigemischt, um noch etwas Rendite zahlen zu können – und höhere Provisionen natürlich. Die Renditeprobleme von US-Pensionskassen sind in den letzten Jahren nicht kleiner geworden. Sie ahnen es sicher schon. Yield-Pick-up gab es auch wieder – nur nicht mehr mit Subprime, sondern mit Wetten auf sinkende Volatilität. Bis letzte Woche. Um die Dimension zu verdeutlichen: Der Trade „low Vola“ galt an Wall Street als „more crowded“ (also beliebter) als der ganze Kryptohype – und der war nicht klein.

Wie die Fonds, Verträge und Strukturen im Detail aussehen, kann nicht gesagt werden, aber eins ist klar: Gut riecht das alles nicht. Und dass Immobilien und Aktien nicht beliehen wurden, um in den neuen Bereichen Krypto und Vola mit dabei zu sein, ist sehr unwahrscheinlich.

III. Staatsverschuldungen

Die Staatsverschuldung in den USA wird steigen. In Europa ist sie bereits hoch. Außer Irland, Luxemburg und Deutschland hat kein Land in Europa in den letzten Jahren seine Schulden gesenkt. Dass die Staaten Pleiten überstehen, das ist klar. Es sollte aber berücksichtigt werden, dass die Staatspleite historisch so normal ist wie die Niete beim Lotto. Der Unterschied zwischen Jürgen Schneider und den zahlreichen Potentaten der Jahrhunderte war, dass Schneider das Geld für seine überteuerten Immobilien von den Banken bekam, und nicht von den Steuerzahlern. Pleite waren allerdings hinterher meist alle. Der Erfolg Martin Luthers hing ganz wesentlich damit zusammen, dass die deutschen Fürsten nicht für den Petersdom zahlen wollten, das monumentale Prunkobjekt der Medici-Päpste.

In der letzten Finanzkrise beschäftigten sich die Menschen mit der Frage, zu welcher Bank sie ihr Geld bringen sollen: Privatbank oder Sparkasse. Die Sparkassen konnten sich vor dem Ansturm kaum retten; die Privatbanken wären ohne die „Geldautomatengarantie“ von Merkel und Steinbrück einfach umgefallen. Damals konnten Sie ihr Geld noch zur Bundesschuldenverwaltung tragen. Das geht nicht mehr, diese Möglichkeit wurde abgeschafft. Das würde aber auch nichts nützen, denn die Frage wird wohl nicht sein, welche Bank solvent bleibt, sondern welche Länder. Das heißt nicht, dass davon auszugehen ist, dass große europäische Länder insolvent werden. Viel wahrscheinlicher ist doch, dass einzelne Staaten, wenn sie in Bedrängnis geraten, das Lied von der Ungerechtigkeit der Vermögensverteilung singen. Der Rest ist bekannt. Für Wirtschaftsentwicklung und Eigentümer sind das allerdings keine guten Nachrichten. Und dass die Börse den volkswirtschaftlichen Indikatoren vorausläuft, ist ja auch keine Neuigkeit.

 

Ausblick

Dass wir am Ende der Hausse sind, glauben wir nicht. Schauen Sie sich die Entwicklung der verschiedenen Börsenhaussen an. An Altersschwäche sterben Börsenhaussen nicht. Und nur, weil viele Beobachter sich bei der Beobachtung der Hausse auf das Abzählen der Jahre beschränken, glauben wir nicht, dass das relevant ist. Die Hausse ist vorbei, wenn die Börse sich die Nase reibt und fragt, ob sie eine Rezession riecht. Vieles hat sich verändert. Vielleicht auch der Vorlauf der Börse. Früher sprach man immer von einem halben Jahr Vorlauf der Börse vor den volkswirtschaftlichen Daten. Ein relevantes Risiko könnte darin bestehen, dass sich diese Vorlaufphase verändert. Das hieße dann, die Kurse könnten in 2018 oder 2019 fallen, weil Ungünstiges für 2020 erwartet wird.

Eins ist klar: Die Leichtigkeit ist weg. Alle sind auf der Hut, und das ist gut so. Die „Wall of Worry“ hat die Sorglosigkeit abgelöst. Das spricht eher für vorerst weiter steigende Kurse, wenn die aktuellen Turbulenzen vorbei sind. Wann das ist, kann aber nicht so genau gesagt werden. Die Erfahrung spricht dafür, dass die Tiefststände nochmals getestet werden. Danach wissen wir vielleicht mehr.


Georg Oehm

Unternehmer mit Faible für Hosenträger & Shorts (als Kleidungsstücke und Investments) der an die persönliche Entwicklung von Menschen & an korrekte und engagierte Arbeit zur erfolgreichen Lösung von Problemen & Organisation von Projekten glaubt. Fokussiert auf Verhandlungen und Investitionen - immer mit Blick auf das Endergebnis.

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