Hofer gone – Renzi too

Weihnachten naht und Behaglichkeit zieht ein – auch beim Geld? Die Würfel in Österreich und Italien sind gefallen. Van der Bellen wurde es – Renzi will nicht weitermachen. Was ist Gewiss, was könnte passieren – am Aktienmarkt?

A. Gewissheiten

1.
George Akerlof (Ehemann der FED-Chefin Janet Yellen) und Robert Shiller [beide Nobelpreisträger] haben in einem gemeinsamen Buch die „Animal Spirits“ beschrieben. Das Phänomen, welches Grundlage der Behavioural Economics oder einfacher gesagt, des menschlichen Herdenverhaltens ist.

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Donald Trump hat die „Animal Spirits“ geweckt – zuerst bei den amerikanischen Wählern, danach bei den Investoren.

Donald Trump wurde am Wochenende bereits außenpolitisch aktiv. Das Thema Taiwan/China steht plötzlich auf der Agenda, China versucht den Sachverhalt herunterzuspielen und Trump legt per Twitter nach [hier zu China-Tweet 1 und China-Tweet-2].

Wenn der Chinesische Drache auch anfängt Feuer zu speien, könnten die Animal Spirits auch auf den Bereich der Diplomatie übergreifen. Das ein oder andere Haus irgendwo zwischen den Fronten steht dann schnell in Flammen.

2.
Die politischen Großereignisse Brexit und US-Präsidentschaftswahl hatten in Bezug auf das Börsengeschehen „kurze Beine“. Nach teilweise heftigen Irritationen setzten die Börsen ihre Aufwärtstendenz jeweils fort. Das Jahr 2017 hält diesbezüglich noch einige Überraschungen bereit – zumeist mit Fokus Europa.

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Die Investoren reagieren hierauf bereits. Heute im Vergleich zu letzter Woche besonnen.
Aber: die europäischen Aktienbörsen haben der Entwicklung in den USA schon lange nicht mehr so hinterhergehinkt, wie derzeit – und es gibt keine Garantie dafür, dass der Abstand – bei Aktien und beim Euro – nicht sogar noch größer wird. Der Euro ist auch heute morgen weiter auf der schiefen Bahn.

3.
Die Suche nach sicheren Anlagen läuft weiter auf Hochtouren. Die Tatsache, dass es absolute Sicherheit nicht gibt, wird gerne verdrängt. Es ist einfach so, dass es keine Kapitalanlage gibt, bei der die Lemminge nicht die Möglichkeit haben, zu viel zu bezahlen – und dann ist die Sicherheit dahin, wenn die Schwerkraft wieder einsetzt. Das kann lange dauern, aber in den letzten 500 Jahren ist es nach wenigen Monaten oder einigen Jahren irgendwann immer passiert.

4.
Alle reden von Trump, aber für die Weltwirtschaft wichtiger bleibt die Entwicklung in China. Die Summen, die Trump innerhalb von zehn Jahren investieren will, sind weniger als dass, was in China pro Jahr in die Infrastruktur gesteckt wird.

Caterpillar hat vergangene Woche bereits darauf hingewiesen, dass die Zeiträume, bis sich die viel diskutierten zusätzlichen US-Investitionen auf die Auftragslage und die Ergebnisse des Konzerns auswirken, länger sind, als die Börsianer derzeit wahr haben wollen.

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Zum Artikel von Bob Pisani …hier.

Die Trumponomics können auch in einen Trump-blues übergehen. Der gestiegene Dollar wirkt schon dämpfend auf die US-Unternehmen, die von Amerika aus in Asien tätig sind. Ähnliches ist mit Bezug auf Europa und die Emerging Marktes zu erwarten.

5.
Die Chinesen haben kein besonderes Vertrauen in die Stabilität der eigenen Währung. Der Renminbi erreicht gegenüber dem US$ ein 8-Jahrestief. Egal ob Privatleute oder Konzerne, der Drang liquides Vermögen aus dem chinesischen Währungsraum herauszubringen ist inzwischen so groß, dass Peking neue Hürden einführt. Wenn chinesische Konzerne im Ausland Firmen kaufen, die mehr als US$ 1 Mrd. kosten, sind neue Genehmigungen einzuholen. Und der Goldkauf in China, der ja auch ein Weg ist, um Kapital aus der chinesischen Währung herauszubringen, wird weiter erschwert. Durch Exportrestriktionen gelingt es den Behörden zudem, den Goldpreis in China unter das Weltmarktniveau zu drücken.

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Zum Artikel auf Bloomberg.com …hier.

Gold fällt. NE-Metalle wie Zink oder Kupfer hingegen steigen auf Mehrjahreshöchststände. Infrastrukturinvestitionen erfordern kein Gold, aber ohne Eisenerz, Kupfer und Zink sind Straßen, Flughäfen und Häuser nicht zu bauen. Es verwundert nicht, dass Händler in London berichten, dass Chinesen ihr Geld nicht mehr in Gold horten, sondern dafür Industrieprodukte verwenden. In 2015 waren Betonpumpen sehr beliebt, derzeit sind es NE-Metalle, wie zu hören ist.
Das ist nicht der Stoff, aus dem die Träume der Goldanhänger sind.
Warum Henry Druckenmiller all sein Gold verkauft hat und Howard Marks das bemerkenswert findet, dazu mehr in der „Notiz zum Aktienmarkt“ vom 20. November.

B. Was passieren könnte

1.
Der frühere Bundesbank-Präsident und heutige UBS-Chef Axel Weber wird in der Financial Times von heute zitiert mit der Aussage „Optionality is going to be the name of the game“. Ins Deutsche übersetzt könnte man sagen, „Alternativen zu haben, ist entscheidend“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
2.
Hofer ist es nicht geworden und Renzi hat sein Referendum gegen Grillo verloren. Alle diejenigen, die immer schon an ein Ende des Euros geglaubt haben und bereit sind, darauf zu wetten, werden jetzt eine neue Chance sehen, hiervon zu profitieren. Ob Sie es schaffen, ist eine andere Frage.
3.
Gegen ein sofortiges Auftreten einer massiven italienischen Bankenkrise spricht weiterhin, dass die EZB verschiedene Möglichkeiten hat, dies zu verhindern und dies wahrscheinlich tun wird, wenn es nötig würde, „whatever it takes“, wie Super Mario ja gerne sagt.
4.
Der Euro wird sich zunächst weiter abschwächen und die Kapitalverschiebungen aus Europa heraus in Richtung USA werden weiter gehen. Ob das Pfund sich soweit stabilisieren kann, das Großbritannien seinen früheren Status als „Save haven“ trotz Brexit relativ schnell wiedererlangen kann, bleibt abzuwarten. Ausgeschlossen ist es nicht.
5.
Die von Axel Weber prognostizierten Zinsanhebungen der EZB zu einem früheren Zeitpunkt, als der Markt dies derzeit erwartet, könnten auch deshalb notwendig werden, weil Europa sich gezwungen sieht, seine Währung stärker zu verteidigen, als dies bisher notwendig erschien.
6.
Eine positive Wendung der gesamten Entwicklung gerade auch in Europa ist durchaus möglich. Wenn die Wahlen in Frankreich und Deutschland zu einer Stabilisierung führen, die Zinsen auch in der Euro-Zone steigen und der Dollar deshalb gegenüber dem Euro nicht weiter steigt, ist es durchaus denkbar, dass die Wirtschafts- und Börsenentwicklung in Deutschland und Europa in 2017 letztlich deutlich besser verläuft, als im Moment vorstellbar erscheint. Der Weg dorthin ist allerdings steinig – insbesondere für Diplomaten in Brüssel.
7.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Abschied von Renzi die Vorgruppe der Trumpschen Bluesband ist. Die Jahresendhausse fällt dann aus. Kasse und Kurssicherung sind dann das Gebot der Stunde. Wahrscheinlichkeit etwa ein Drittel, würde ich Stand heute sagen.
8.
Das ändert aber nichts daran, dass länger laufende Trends fortbestehen. Sei es der Boom bei der Herstellung der Bauteile für das Internet der Dinge, die Wiederauferstehung der Rohstoffe, die positive Entwicklung im Transportsektor und die ersten positiven Lebenszeichen in der Finanzbranche, die von einer Veränderung der Zinsstrukurkurve profitiert.
9.
Unspezifisch irgendwelche Aktien zu kaufen ist sicher nicht empfehlenswert. Branchen- und Stockpicking heist das Gebot der Stunde. Die Standorte der Gesellschaften und das mit den jeweiligen Geschäften verbundene Währungsprofil spielt dabei eine besondere Rolle. Die Schweiz bleibt bis auf weiteres ein sichererer Hafen als Deutschland und Aktien sind vielversprechender als Immobilien oder Gold.

Georg Oehm

Unternehmer mit Faible für Hosenträger & Shorts (als Kleidungsstücke und Investments) der an die persönliche Entwicklung von Menschen & an korrekte und engagierte Arbeit zur erfolgreichen Lösung von Problemen & Organisation von Projekten glaubt. Fokussiert auf Verhandlungen und Investitionen - immer mit Blick auf das Endergebnis.

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