On Trump und das, was kommen könnte

A. Gewissheiten
1.
Peter Thiel brachte es auf den Punkt, wie Stefan Bierling in der NZZ schreibt. Alle nahmen Trump wörtlich, aber nicht ernst. Nach rabiaten Ankündigungen wurden immer die Details abgefragt, um zu verstehen, wie die vollmundig angekündigten Maßnahmen umgesetzt werden sollten.
Trumps Wähler denken aber anders herum. Sie nehmen Trump ernst, aber nicht wörtlich. Anders gesagt: es ging mehr darum, ob die Adressaten sich wahrgenommen fühlten.
So, wie in einem guten Verkaufsgespräch.
Das kann er halt „The Donald“.
2.
Pfälzer sind immer wieder für Überraschungen gut, insbesondere wenn es um das Durchhalten trotz massiver Anwürfe durch die Presse geht. Trumps Opa kam aus Kallstadt, keine 20 Kilometer von Oggersheim entfernt. Ob „The Donald“ Helmut Kohl je getroffen hat, weiß ich nicht. John Kerry, den derzeitigen Außenminister der USA hingegen kennt er sicher. Der ist mit der Erbin des Ketchup-Imperiums Heinz verheiratet. Opa Heinz war Cousin zweiten Grades von Trump’s Opa und kam auch aus Kallstadt.
Die Kino-Dokumentation zum Thema erschien bereits 2014.
3.
Vor der Wahl konnte nicht vorhergesagt werden, was passieren wird. Nach Meinung von Ray Dalio sollte man sich als Investor darauf konzentrieren, nur dann investiert zu sein, wenn das Chance/Risiko-Verhältnis gut ist.
Deshalb war es besser, abzuwarten.
Wie beim Brexit: „don’t bet the house“ oder auf Deutsch: „Vorsicht an der Bahnsteigkante“.
Das fiel durchaus schwer. Im Radio beispielsweise wurde vor der Wahl täglich – wie ein Mantra – wiederholt, Trump sei wirtschaftsfeindlich.
Howard Marks stellt fest, dass es schon irrational sei, dass der Markt vor der Wahl stieg, weil alle glaubten, Clinton würde gewinnen und danach stieg er weiter, weil Trump gewonnen hatte. Im Ergebnis der stärkste Anstieg der US-Börsen in einer Woche seit 2014.
Festzuhalten bleibt: keiner weiß, was passiert und außerdem weiß keiner, was der Markt aus dem macht, was passiert. Deshalb der Rat von Howard Marks: investieren Sie, aber nicht auf der Basis irgendwelcher Makro-Vorhersagen. Das wäre ein Fehler.
4.
Donald Trump entspricht wohl dem Typus des „Confidence Man“. Ein Charakterbild, dass auf Hermann Melville, den Autor von Moby Dick, zurückgeht.
In seinem Roman „Confidence Man“, zu Deutsch „Maskeraden oder Vertrauen gegen Vertrauen“ beschreibt er in einer Satire den ur-amerikanischen Typ, der sich nie festlegen lässt und sich zur Projektionsfläche der Erwartungen seiner Gesprächspartner stilisiert. Simpel getäuscht wird nicht. Vertrauen ohne Vorleistung und ohne Garantie ist das Konzept.
Inhaltlich kann der „Confidence Man“ frei handeln, solange er das in ihn gesetzte Vertrauen seines Publikums nicht verliert. Der Glaube an den American Dream hilft dabei. Das muss nicht schlecht sein, kann aber auch schnell vorbei sein!
B. Was kommen könnte
1.
Besonders bemerkenswert ist Stanley Druckenmiller, der bekannt wurde als Portfoliomanager von George Soros in den Jahren 1988 bis 2000 und der in 2010 seinen Hedgefonds mit einem Volumen von US$ 12 Mrd. schloss, weil er sich außer Stande sah, die hohen Erträge der Vergangenheit weiterhin zu erwirtschaften.
Noch im Mai dieses Jahres erklärte er, seine größte Devisenposition sei Gold und alle Aktien sollten so schnell wie möglich komplett verkauft werden.
Ganz anders jetzt. In der Wahlnacht habe er seine gesamte Goldposition verkauft und für Aktien sei er so bullish wie lange nicht. Der Dollar werde gegenüber dem Euro steigen und Staatanleihen würden im Kurs fallen, weil die Zinsen massiv steigen werden.
Howard Marks hält nichts von Makro-Investing, aber Druckenmiller sei die Ausnahme von der Regel! „No one should ignore him.“
2.
Viel spricht dafür, dass wir das Top bei den Kursen im Bondbereich gesehen haben, die 30 Jahre währende Hausse vorbei ist und große Kursbewegungen bei Anleihen folgen werden. Ray Dalio, Chef von Bridgewater, dem mit US$ 150 Mrd. derzeit größten Hedgefonds der Welt, bläst ins gleiche Horn wie Druckenmiller. Ökonomisch traut Dalio Trump einiges zu – der ‚craziness-faktor‘ sei wahrscheinlich viel geringer, als die meisten glauben.
3.
Der Pessimisten sind viele. Die Bewegungen des Marktes bestärken mich in dem Eindruck, dass sich das Anlageumfeld stark ändern könnte. Das heißt nicht, dass alles besser wird. Es bedeutet zunächst nur, dass liebgewordene Anlagefaustregeln, die in den letzten fünf oder zehn Jahren gut funktioniert haben, außer Kraft gesetzt werden könnten. Denken Sie über Ihre Asset-allokation nach und suchen Sie aktiv nach Anlagen in Bereichen, die Sie bisher nicht mochten. Schauen Sie kritisch auf dass, was bisher gut gelaufen ist.
Es ist wie früher, morgens auf dem Weg zur S-Bahn, als ich zur Banklehre fuhr. Es wurde nicht geklingelt, aber wenn die älteren Herren mit ihren Taschen auf dem Weg in die Stadt anfingen in den Laufschritt überzugehen, wusste man – ohne auf die Uhr zu schauen – dass es knapp wurde, wenn man die S-Bahn noch bekommen wollte.
So kommt es mir an der Börse auch gerade vor.
Hier die Links zu den erwähnten Kommentaren:
Howard Marks | Go Figure! [Finde es heraus!]
Ray Dalio | Reflections on the Trump Presidency, One Week after the Election
