Epilog: Europa

Epilog Europa
Wir erleben Ereignisse, die wir so in den letzten Jahren nicht kannten. In den meisten Demokratien kommt bei Abstimmungen derzeit ein Ergebnis zu Stande, welches große Unzufriedenheit mit dem jeweiligen Establishment und tiefe Verunsicherung der Wähler offenbart – sei es Trump, die Präsidentenwahl in Österreich, Fünf Sterne in Italien oder eben auch Brexit.
Ein Aspekt dieser Entwicklung könnte auch sein, dass die derzeit mit unglaublicher Geschwindigkeit ablaufende technologische Revolution in vielen Bereichen (Krebsmedizin, Internet, Roboter, Internet der Dinge, Einzelhandel) eben nicht nur das Leben der einzelnen Menschen am Arbeitsplatz verändert. Die Länder verändern sich auch und das löst eben diese besonderen Unsicherheiten im politischen Raum aus, weil niemand sagen kann, welche Änderungen da noch kommen – aber jeder spürt sie schon.
Nicht nur bei Firmen, auch bei Ländern gibt es Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung. Die Evolutionstheorie von Darwin basierte immer auf dem Phänomen der Separation! Erfolgreiche Gruppen oder Länder tun das auch: schauen Sie nach Norden – 10 Mio. erfolgreiche Dänen mit eigener Sprache und super erfolgreicher Wirtschaft. Oder die Katalanen, die Deutsch-Schweiz oder auch die Schwaben, die ja selbst damit werben, dass sie alles können außer Hochdeutsch.
Europa wird nur weiter funktionieren, wenn solche erfolgreichen Gruppen auch weiterhin einen Platz für sich dort sehen. Die schottische Regierung hat ja gestern schon klar gemacht, dass sie das so sieht. Der Prozess ist europaweit in vollem Gang.
Das sehe ich übrigens überhaupt nicht negativ. Im Feuer wird das Schwert geschmiedet, nicht auf dem Sofa beim Diner, wenn alles gut läuft – das war in Europa immer so. Und Europa ist nicht nur EU und Euro. Für mich ist die größte Erfolgsgeschichte in Europa Schengen. Auf Referentenebene wurde etwas ausprobiert, dessen besonderer Wert sich in der Flüchtlingskrise zeigte. Bewegungsfreiheit für Menschen und Güter – das Gegenteil von Mauern.
Die Engländer waren immer schon anders – und ich gebe gerne zu: ich habe sie immer gemocht! Allein gegen Napoleon und Erfinder der Dampfmaschine. Aber auch Verlust des Empire und Wandel zu einer Gesellschaft, in der Finanz und Versicherung dominierende Tätigkeitsfelder sind. Können Sie sich noch an den Eurobond-Offshore-Markt in den 80ern erinnern? Der fand außerhalb der europäischen Regulierung in London statt. Ich bin gespannt, was noch kommt, aber der Brexit könnte sich noch als gute Gelegenheit erweisen, gerade den euroskeptischen Amerikanern zu zeigen, dass Old Europe nicht vorschnell abgeschrieben werden sollte.
