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Brexit – verblüffende Parallelen zum Fall Sika

Bei der börsennotierten Sika AG handelt es sich um eine der „Kultaktien“ der letzten zehn Jahre in der Schweiz. Bauchemikalien weltweit, kurze Bilanz, viel Cashflow und zusätzlich noch Wachstum ohne Ende. Familie Burckhard hatte immer die Kontrolle. Als die Firmenpatriarchin starb entschieden sich die Kinder, die Aktien zu verkaufen. Sie schlossen einen Vertrag mit dem französischen Baukonzern Saint-Gobain. Der Deal ging vereinfacht so:

2,7 Mrd. an die Familie für 16% der Aktien und die Stimmenmehrheit. Kein Kauf der anderen Aktien und zukünftig Kontrolle für Saint-Gobain mit der Gefahr, dass die Sika-Aktionäre als fünftes Rad am Wagen enden, weil ihre Gesellschaft vom in der gleichen Branche tätigen Großaktionär ausgehöhlt wird.

Die Reaktion an der Börse kam prompt. Zwischen Ende 2012 und Anfang Dezember 2014 hatte sich die Aktie von Sika fast verdoppelt. Nach bekannt werden der Transaktion fiel die Aktie um fast 30%. Nicht Brexit, sondern unerwarteter Anschluss in unerwünschter Form.

Die Transaktion traf auf Widerstand, weil eine sogenannte Opting-out-Klausel in Anspruch genommen wurde, die die außenstehenden Aktionäre benachteiligt.

Das Management drohte mit Rücktritt und verbündete sich mit den Aktionären außerhalb der Familie. Diese haben gegen die Durchführung der Transaktion geklagt und das Management hat der Familie die Stimmrechte auf der Generalversammlung entzogen. Dagegen hat wiederum die Familie geklagt. Die rebellierenden und klagenden Aktionäre: prominenter geht es nicht. Die Führung liegt bei Bill Gates.

Der CEO des Saint-Gobain-Großaktionärs Wendel erklärte mir vorletzte Woche beim One-on-one sinngemäß: „Wir haben unterschätzt, wie gut der Kontakt des Managements zu den Aktionären war.“ Er ist aber auch nicht traurig, denn Saint-Gobain hat bis heute noch keine einzige Aktie von Sika im Depot. Genau gegen den Vollzug der Transaktion laufen die zahlreichen Prozesse. Saint-Gobain hat aber die Währungsabsicherung für die Transaktion bei Bekanntgabe des Deals bereits vorgenommen – EUR gegen CHF und damit jetzt schon einen dreistelligen Millionenbetrag verdient. Es gibt schlimmeres.

Interessant ist der weitere Verlauf des Aktienkurses: erst Kurssturz, dann Kuddelmuddel – jetzt seit Monaten gleichmäßiger Anstieg. Warum? Weil das Geschäft – also die Realität – unabhängig von den Streitereien – offensichtlich sehr gut läuft.


Georg Oehm

Unternehmer mit Faible für Hosenträger & Shorts (als Kleidungsstücke und Investments) der an die persönliche Entwicklung von Menschen & an korrekte und engagierte Arbeit zur erfolgreichen Lösung von Problemen & Organisation von Projekten glaubt. Fokussiert auf Verhandlungen und Investitionen - immer mit Blick auf das Endergebnis.